Es kann sein, dass Kinder im Tagesablauf an bestimmten Stellen ein Verhalten zeigen, das aktuell nicht passend für die Situation ist. Oftmals sind erwachsene Bezugspersonen dann schnell dabei, das Verhalten des Kindes als störend zu empfinden und das Kind dann als anstrengend oder herausfordernd einzuordnen.
Lassen Sie uns doch gemeinsam den Blick darauf richten und aus Sicht des Kindes schauen, was da los sein könnte.

Es kann unterschiedliche Auslöser geben. Gemeinsam ist allen, dass das Kind eine Funktion ähnlich eines Seismographen übernimmt und über sein Verhalten anzeigt „Hier stimmt was nicht“ und Sie so einlädt, hinzuschauen.
Für Ihre Reflexionsprozesse hier eine kleine Auflistung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:

Reizüberflutung
Das Kind hat mehr Reize aufgenommen, wie es aktuell verarbeiten kann.
Ein Kind, das aktuell (oder dauerhaft) reizüberflutet ist, dazu anzuhalten,
* mitzumachen und neue Reize aufzunehmen
* oder davon abzuhalten sich zu regulieren
* oder sich vor neuen Reizen zu schützen,
kann Verhaltensweisen zeigen, die das innere „zu viel“ nach außen kehren.

Es gibt zu wenig Spielsituationen und/oder zu viele strukturierte Situationen.
In Spielsituationen verarbeiten Kinder die aufgenommenen Eindrücke und Reize und integrieren sie in ihr (Autobahn-)System. In strukturieren Situationen gibt es nur bedingt Handlungsoptionen. In der Regel geben die Erwachsenen die Handlungsoptionen vor und erwarten, dass die Kinder diesen folgen.

Der Wechsel von einer Situation in die nächste passiert zu schnell.
Für erwachsene Bezugspersonen reihen sich die einzelnen Situationen in der Kita logisch aneinander. Es ist in der Regel auch kein Problem für Erwachsene schnell zwischen einer und einer anderen Situation zu wechseln und jeweils die passenden Handlungsoptionen auszuwählen.
Für Kinder ist erst einmal die eine Situation zu Ende. Danach müssen sie sich auf die nachfolgende Situation einstellen. Da die Handlungsautos von Kindern manchmal noch auf der grünen Wiese oder Schotterwegen unterwegs sind, brauchen sie teilweise länger als die Handlungsautos der Erwachsenen auf der Autobahn. Wenn das Kind also auf seinem Schotterweg mit 120 fahren soll, ist es überfordert und zeigt das dann an.
Freuen Sie sich also, wenn Sie Kinder haben, die zusätzlich zu ihren eigenen Bildungs- und Lernbedürfnissen und Entwicklungsaufgaben die Funktion eines Seismographen übernehmen und anzeigen: „Hier stimmt was nicht.“

So wissen Sie genau, wo es sich lohnt hinzuschauen und zu reflektieren.

Gibt es einen strukturellen Auslöser?
Sollten wir etwas am Tagesablauf …
* verändern?
* entzerren?
* ritualisieren?
* weglassen
* an die aktuellen Bildungs- und Lernbedürfnisse der Kinder anpassen?

Und/oder braucht ein Kind mehr…
* Begleitung,
* Ko-Regulation und
* Hilfestellung beim Zentrieren,
um die vielfältigen Reize aufnehmen zu können?

Und ganz wichtig: Ohne Beziehung geht es nicht. Jedes Kind braucht mindestens eine Bezugsperson mit einer tragfähigen Beziehung, die es bei der Bewältigung des Alltages unterstützt, begleitet und bei der Regulation unterstützt.
Ich hoffe, meine Gedanken waren für Sie hilfreich und unterstützend.

Den Tagesablauf gemeinsam mit den Kindern zu reflektieren und sie in die Veränderungsprozesse einzubinden kann eine sehr entspannende Wirkung auf die gesamten Bildungs- und Lernprozesse bringen.
Falls Sie sich bei diesem Prozess Begleitung wünschen, können Sie gerne auf mich zukommen.

Herzlichst
Ihre Kerstin Müller 😊