Kuddelmuddel ist meine Bezeichnung für die inneren Zustände, die Kinder wahrnehmen und die bei ihnen Handlungsimpulse auslösen können.

Bevor die Kinder selbständig einschätzen können, was sie innerlich wahrnehmen, braucht es die Einschätzung und anschließende Ko-Regulation durch eine Bezugsperson. Das ist ein wichtiger Entwicklungsprozess in der Kindheit, der nur in Begleitung einer bedeutsamen Bezugsperson geschehen kann.
In diesen Interaktionen lernen die Kinder Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche und Schmerzen voneinander zu unterscheiden und im besten Falle gleichzeitig auch passende Regulationsstrategien und/oder Handlungsmuster, die ihnen helfen, ihr inneres Ungleichgewicht wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
So lernen Kinder durch vielfältige Ko-Regulationserfahrungen ihren inneren Zustand immer besser kennen. Können Kinder ihre inneren Zustände immer selbständiger erkennen und mit den in Ko-Regulationssituationen erlernten Methoden regulieren, ist das ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Selbstregulation.

Die Herausforderung in der Begleitung der Kinder besteht darin, dass das innere Kuddelmuddel des Kindes von Bezugspersonen (anderen Menschen allgemein) nicht gesehen werden kann, wohl aber die Handlung, die durch den inneren Handlungsimpuls aus dem Kuddelmuddel heraus entstehen kann.

Hierbei stellt sich die Anforderung an die Bezugsperson, dass sie über die Handlung des Kindes Rückschlüsse auf den inneren Zustand des Kindes ziehen muss. Frau Professorin Dorothee Gutknecht spricht hier von „unterstellendem Kontakt“, weil die Bezugsperson dem Kind Worte für seinen inneren Zustand gibt, den sie selbst nur über äußere Handlungen rückgeschlossen hat.

Hinzu kommt, dass Bezugspersonen in der Regel auch ein eigenes inneres Kuddelmuddel spüren, wenn ein Kind (ihr Kind) ein Kuddelmuddel anzeigt. Das bedeutet die Bezugsperson braucht eine vorangeschaltete (oft unbewusste) „kurze“ eigene Regulation, um das eigene Kuddelmuddel zu regulieren und zu sortieren, um dann das Kind bei seinem Kuddelmuddel zu unterstützen, also Ko-Regulation anzubieten.

Klingt alles ganz einfach?
Theoretisch klingt das alles ganz einfach. In der praktischen Umsetzung kommt allerdings noch der Umstand dazu, dass Menschen in der Regel den ganzen Tag über immer wieder ein inneres Kuddelmuddel spüren. Daniel Goleman (emotionale Intelligenz) spricht beim Umgang mit den eigenen Emotionen von einer Ganztagesbeschäftigung. Dabei fokussiert er „nur“ auf die Emotionen. Es kommen dann noch die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und evtl. körperlichen Schmerzen dazu und das Kuddelmuddel von einem Kind oder sogar mehreren Kindern.

Der Umgang mit dem Kuddelmuddel ist also eine mehrfache Ganztagesbeschäftigung – in vielfacher Hinsicht.

Kinder in den ersten Lebensjahren bei der Regulation ihres Kuddelmuddels zu begleiten ist eine der wichtigsten Aufgaben von Bezugspersonen (in der Familie wie auch in der Kita).

Auch bei knappen Ressourcen oder Herausforderungen, die der Alltag (in der Kita oder der Familie) mit sich bringt, sollte es jeder Zeit möglich sein, Kinder beim Regulieren ihres Kuddelmuddels zu begleiten und Ko-Regulation, später Emotionscoaching anzubieten.

Der Umgang mit dem Kuddelmuddel ist mir ein großes Herzensanliegen. An dieser Stelle habe ich Ihnen einen kleinen Einblick in das Kuddelmuddel und erste Schritte zur Begleitung des Kuddelmuddels dargestellt. Für mich ist das Lernen, mit dem eigenen Kuddelmuddel klar zu kommen, ein „Zentralschlüssel“ oder eine der wichtigsten „Grundlagenautobahnen“, denn beim Umgang mit dem inneren Kuddelmuddel lernen Kindern nicht nur sich selbst wieder in die Mitte zu bringen, sondern auch wichtige Grundlagen für z.B. Impulskontrolle, Bedürfnisaufschub und Belohnungsaufschub.
Weil die gesamte Thematik so wichtig ist, habe ich sie schon an verschiedenen Stellen weitergedacht und für den Alltag in Anwendung gebracht.

Falls ich Sie mit meinem Artikel schon inspiriert habe, freut es mich sehr. Wenn Sie sich zu dem Thema Austausch, Dialog und/oder Begleitung wünschen, bin ich gerne für Sie da, z.B. auf einer meiner zahlreichen Fortbildungen zu diesem Thema, einer Inhouse-Fortbildung oder eines Coachings. Melden Sie sich gerne. Ich freue mich auf Sie.

Noch eine kleine Bitte:
Gehen Sie respektvoll mit diesem Artikel um. Ich freue mich natürlich, wenn Sie das Wissen in ihrem Alltag anwenden und Kinder effektiv in ihren Entwicklungsaufgaben unterstützen.
Falls Sie Inhalte dieses Artikels in Ihre Konzeption oder andere schriftliche Dokumente, z.B. dem Qualitätshandbuch Ihrer Kita, übernehmen wollen (wörtliche Zitate oder sinngemäß), geben Sie bitte diesen Artikel als Quelle an. Falls Sie ein Fotoprotokoll von mir haben, in dem das Kuddelmuddel dargestellt und auch weiter ausgeführt ist, können Sie auch dieses als Quelle angeben.

Die gleiche Bitte gilt natürlich auch an meine Kolleg*innen im Fortbildungsbereich.
Vielen Dank!

Herzlichst
Ihre Kerstin Müller 😊