Den Umgang mit den eigenen Emotionen zu lernen ist eine sehr bedeutungsvolle Entwicklungsaufgabe. Kinder und auch begleitende Erwachsene kommen hierbei öfter an ihre Grenzen. Umso wichtiger ist es, sich bewusst zu machen, was Ko-Regulation ist, wie sie wirkt und was sie vom reinen Beruhigen unterscheidet…
Auf den ersten Blick mag es so aussehen, dass Ko-Regulation und Beruhigen das Gleiche sind. Es gibt jedoch kleine und feine Unterschiede. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick darauf werfen:
Was ist das Ziel?
* Reines Beruhigen hat zum Ziel, dass das Kind ruhig ist und nichts (mehr) anzeigt. Es wird davon ausgegangen, dass es dem Kind gut geht, wenn es nichts mehr anzeigt.
* Ko-Regulation hat zum Ziel, dem Kind zu helfen mit seinen inneren Zuständen zurecht zu kommen und das innere Befinden des Kindes zu verbessern. Wenn das Kind wieder in seiner Mitte ist und die emotionale Erregung beendet ist, beruhigt es sich.
Beruhigung ohne Ko-Regulation
Wird ein Kind regelmäßig nur beruhigt, wenn es Bedürfnisse oder Emotionen auf verschiedene Weise zum Ausdruck bringt, ohne Ko-Regulation angeboten zu bekommen, dann lernt das Kind mit der Zeit:
* „Wie es mir geht, interessiert niemanden. Ich soll nur aufhören zu zeigen, wenn es mir nicht gut geht.“
* Seine inneren Zustände nicht mehr anzuzeigen.
* Mit der Zeit seine inneren Zustände zu unterdrücken (ins Unbewusste zu verschieben).
Woran lässt sich reines Beruhigen erkennen?
In der Regel geht es nur darum, dass das Kind (wieder) ruhig ist bzw. bleibt.
Das Kind wird z.B. mit Süßigkeiten, Spielzeug oder Handy/Tablett abgelenkt – teilweise auch schon, bevor es eine innere Anspannung anzeigt.
Es fallen Sätze wie, z.B.:
* „Jetzt ist aber wieder gut.“ (ohne dass es für das Kind wieder gut ist)
* „Sei friedlich.“
* „Gib Ruhe.“
* Oder auch ein andauerndes „Shshshshshshshsh“
Teufelskreis
Erwachsene, die als Kinder schon gelernt haben, ihre Emotionen und Bedürfnisse zu unterdrücken, haben keine Möglichkeit, bewusst auf ihre Emotionen und Bedürfnisse zu reagieren.
Zeigt nun das eigene Kind (oder ein Kind in einer Betreuungssituation) Emotionen oder Bedürfnisse an, regt sich in der Regel auch etwas im Unbewussten der erwachsenen Bezugsperson.
Die Bezugsperson nimmt das als unangenehm war, kann aber nicht bewusst bei sich und ihren Emotionen und Bedürfnisse ansetzen. Also wird das Kind (schnellstmöglich) beruhigt. Dann ist auch die emotionale Erregung im eigenen Unbewussten beendet und alles scheint gut.
Die Bezugsperson gibt dann das, was sie in der eigenen Kindheit gelernt hat, unreflektiert an das Kind (oder mehrere Kinder) weiter.
Ko-Regulation
In Ko-Regulationssituationen wird das Kind ernst genommen. Wenn es anzeigt, dass etwas nicht stimmt, wird gemeinsam gesucht, was es sein könnte, was das Kind innerlich belastet, z.B. ob
* es ein unerfülltes Bedürfnis, wie Hunger, ist
* oder eine emotionale Anspannung, wie Angst vor einer unbekannten Situation.
Das Kind bekommt Worte für das, was es in sich spürt, und gemeinsam wird der innere Zustand reguliert.
Je älter das Kind ist, desto mehr geht die Ko-Regulation in ein Emotionscoaching über. Das Kind wird dann daran erinnert, welche Regulationsstrategien ihm bislang in der Situation geholfen haben, und die Bezugsperson beobachtet, ob das Kind diese schon selbständige anwenden kann. Wenn das Kind es noch nicht alleine schafft, wird die Regulationsstrategie gemeinsam durchgeführt oder eine andere gesucht, die heute besser passt.
Ko-Regulation unterstützt die Kinder bei ihrer Emotionsentwicklung. Durch das gemeinsame Regulieren des inneren Zustandes wird die Beziehung zur Bezugsperson gestärkt. Nebenbei werden die Kinder noch allgemein gestärkt, insbesondere die Resilienzfaktoren und das Selbstwertgefühl.
Ich hoffe, ich konnte Sie mit meinen Gedanken ein bisschen inspirieren. Falls Sie gerne an dem Thema weiterarbeiten möchten, freue ich mich auf Sie in einer meiner zahlreichen Fortbildungen zu dem Thema oder komme natürlich auch gerne zu einer Inhouse-Fortbildung in Ihre Kita.
Herzlichst
Ihre Kerstin Müller 😊