Advent und Weihnachtszeit, beide kommen sie alle Jahre wieder. Vermutlich haben auch Sie ein „straffes Programm“ in der Weihnachtszeit. Normalerweise...

...setzt sich mein „Programm“ in der Adventszeit aus meinen eigenen Erwartungen und Traditionen „Das haben wir schon immer so gemacht“ und Erwartungen von anderen zusammen. Es mischt sich Vorfreude und Enthusiasmus und so lässt sich vieles schaffen.

Für mich ist dieses Jahr vieles anders gelaufen als erwartet. Neben den allgemeinen Herausforderungen kamen noch persönliche Erlebnisse dazu, die mich vieles in Frage haben stellen lassen. Besonders haben mich die Fragen rund um die Perfektion beschäftigt:
* Wann ist eine Situation perfekt?
* Muss immer alles perfekt sein?
* Wer darf bestimmen, ob eine Situation perfekt ist?
* Ist es wirklich notwendig, im Voraus bestimmte Tage im Jahr festzulegen, die perfekt oder zum „schönsten Tag im Leben“ werden müssen, noch bevor sie stattgefunden haben?
* Was haben gegenseitige Erwartungen damit zu tun, dass es perfekt ist/wird?

In der Adventszeit haben mich diese Fragen wieder eingeholt, als ich mich selbst gestresst habe, dass alles zum richtigen Zeitpunkt fertig und perfekt sein sollte.

Glücklicherweise stellte ich mir selbst die Frage, um was es an Weihnachten eigentlich geht und was die Adventszeit in ihrer ursprünglichen Form bedeutet?

Advent ist die Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten. Geht es wirklich darum, das ganze Haus zu putzen und zu dekorieren? Viele Plätzchen zu backen, die am besten schon vor dem ersten Advent fertig sind? Also kurz gesagt: Für Weihnachten alles perfekt zu machen und am besten gleich eine perfekte Adventszeit zu inszenieren?
Nein, darum geht es nicht. An Weihnachten geht es darum die Geburt Jesu Christi zu feiern.
Also habe ich mir die Frage gestellt: „Wie perfekt war denn die Geburt von Jesus?“
* Seine Mutter hatte hochschwanger eine weite Reise vor sich – nicht perfekt.
* Es gab kein freies Bett in einer Herberge – nicht perfekt.
* Maria und Josef haben die Nacht in einem Stall verbracht – nicht perfekt.
* Maria hatte keine Hebamme oder andere geburtskundige Frau an ihrer Seite – nicht perfekt.
* Der Stall war nicht hygienisch korrekt für eine Geburt vorbereitet – nicht perfekt.
* Es gab „nur“ eine Futterkrippe als Wiege – nicht perfekt.
* Es kamen Fremde statt Freunde und Verwandte, um die Geburt zu feiern – nicht perfekt.

Jesus Geburt war also alles andere als perfekt. Und das was war, war für den Moment genau das Richtige und Passende. Obwohl nicht alles perfekt war, oder genau deswegen, erinnern sich so viele Menschen an dieses Ereignis das schon mehr als 2000 Jahre her ist. Es ist also ein sehr bedeutsames Ereignis gewesen. Nicht nur für die kleine Familie, sondern für sehr viele Menschen.

Vielleicht kann es helfen, die Perspektive zu wechseln und nicht nach dem „Perfekt“, sondern nach dem „Bedeutsam“ zu fragen.

Für mich ist es ohne Frage, dass Jesu Geburt etwas Bedeutsames war. Vermutlich wurde die Geschichte um Jesu Geburt über die Jahre hinweg ein bisschen ausgeschmückt und verändert, bis sie aufgeschrieben wurde. Das ändert aber nichts an ihrer Bedeutsamkeit.

Persönlich sind für mich die offenen und ehrlichen Begegnungen am bedeutsamsten. Nicht nur an Weihnachten oder in der Adventszeit, sondern zu jeder Zeit im Jahr, wenn die Frage „Wie geht es dir?“ ehrlich gemeint ist und echtes Interesse an den Mitmenschen besteht.

Die besten Begegnungen sind sowieso die, die nicht geplant sind. So ist keine Zeit für Erwartungen und es kann etwas Bedeutsames entstehen. Dann öffnen sich die Herzen von ganz alleine und in den Augen zeigt sich ein Strahlen und Funkeln.

Kinderaugen sind da noch geübter als Erwachsenenaugen: Sie strahlen und funkeln in der Advents- und Weihnachtszeit so oft, aber auch das ganze Jahr über lassen sich strahlende Kinderaugen beobachten. Es ist nur wichtig, zu beobachten und achtsam wahrzunehmen.

Wenn Sie mich also fragen, perfekt oder bedeutsam, bin ich ganz klar für bedeutsam.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und vor allem bedeutsame Begegnungen, die Ihre Augen zum Leuchten bringen.
Herzliche Grüße
Ihre Kerstin Müller

P.S.: Ja, der Zeitpunkt für die Veröffentlichung dieses Textes ist nicht der Perfekte. Die Adventszeit ist schon bald vorbei. Aber vielleicht war es für Sie ja bedeutsam meine Gedanken zu teilen. Und das, was da ist, als das „genau Richtige“ anzunehmen und zu schätzen, kann auch außerhalb der Adventszeit sehr sinnstiftend sein.